Old 11-29-2016, 06:34 AM   #1
Kill Bel
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Hallo,

Darf ich mal bei Ihnen vorbei kommen um Musik zu präsentieren ... ich weiss nicht ob es hier üblich ist. Also wenn ja, möchte ich von meinen zwei letzen Ausgaben sprechen.

Die sind auf Bandcamp hörbar, gratis und in ganzer Länge.

Die erste ist LUX EST, eine atmosphärische ambient Musik zwichen Dunkelheit und Licht, ganz "kosmisch" wie man in Klaus Schulze's Anfangszeit sagte, wenn auch keine Sequenzen hier vorhanden sind :

http://espaces-sonores.bandcamp.com/album/lux-est



Die zweite ist ALEATORI, mehr in einem Dronenstyl. Dieses wurde entstanden nach Anfrage vom Net-label Black Dingo Records aus Seattle das sich eben mit Dronenmusik beschäftigt. Die Dronenart ist aber nur eine Tafel auf der sich vieles Anderes bewegt :

https://duffegan.bandcamp.com/album/aleatori



Viel Spass am Zuhören, und ich bin natürlich gespannt auf Reaktionen.

Reaper hat natürlich mit Aufbau dieser Musik zu tun.

Gruss an Alle
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Old 11-29-2016, 09:37 AM   #2
Jolu
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Hallo,

mit Musik hat das ja absolut nichts zu tun. Diese Art von Sound-Collagen, kann man mit jedem besseren Synthy oder Plugin mittels "Einfingersystem" ohne großen technischen Aufwand herstellen. Außerdem gibt es im REAPER-Forum die Rubrik "REAPER Music/Collaboration", in der man selbstgemachte REAPER-Musikproduktionen mit Usern diskutieren kann – da wären Deine ungewöhnlich überlangen Soundwerke vielleicht besser aufgehoben.

Leider verleitet die heutige moderne Studiotechnik und besonders der Mainstream viele soundbegeisterte Leute ohne fundierte musikalische Ausbildung im psychedelischen Genre Fuß zu fassen, das fälschlicherweise mit "Musikrichtung" bezeichnet wird. Sound ist zwar ein wichtiges Verzierungs-Element der Musik, macht aber allein noch keine Musik, sondern eben nur "Klanglärm" – passend vielleicht für das Science-Fiction-Genre.

Sorry, wenn meine Einschätzung nicht Deiner Auffassung entspricht – doch angesichts einer zunehmend unmusikalischen Klangwelt und auch auf die Gefahr hin empörte Einwände zu provozieren, musste ich das mal loswerden.
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Old 11-30-2016, 01:17 AM   #3
Kill Bel
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Gefahr auf empörte Einwände ? wie das scharf klingt ! Es handelt sich in Deinem Gespräch nur um ein Wort : was Du persönlich unter Musik verstehst, was an sich keinen Wiederspruch erfordert.

Deiner Ansicht nach gibt es diese Klänge nur einfach weil die heutige "Einfinger technologie" so es erlaub, und das überhaupt nur doofe und unkulturierte Menschen das benutzen, so wie wenn alles von gestern auf heute erschienen wäre.

Man kann, wie in anderen Gebieten, Geschichte ignorieren, aber man sollte sich doch darüber informieren was seit mehr als ein Jahrhundert in der "Musikwelt" alles erschaffen wurde.

Und was mich persönlich angeht ...
Quote:
der Mainstream viele soundbegeisterte Leute ohne fundierte musikalische Ausbildung
... hast Du sicherlich nicht über mich auf der Bandcamp Seite gelesen, sonst hättest Du bemerkt dass ich zB. auch Partituren für klassiche Gitarre schreibe, für Herausgeber in Frankreich und Canada (die sich bestimmt im Bereich Musik auskennen). Nun, habe ich das Recht so ein Lärm zu machen ?

Du kannst mit deiner Ansicht auf Musik bleiben, aber bitte glaube nicht dass dieses Gebiet auf Nichts erbaut wurde.

Danke an Dich für Zuhören und Gespräch.

PS : "die Rubrik "REAPER Music/Collaboration" ... Danke für den Tip, sorry dass ich hier gepostet habe
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Old 11-30-2016, 10:48 AM   #4
ELP
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Musik ist nichts anderes als eine Kunst-Richtung, die aber im Gegensatz zu anderen Kunstrichtungen aus Geräuschen aufgebaut wird und eben nicht aus Objekten etc. pp.

Ergo Musik ist klingende Kunst.

Wie Wilhelm Busch einmal treffend zitierte:
"Musik wird oft nicht schön gefunden, Weil sie stets mit Geräusch verbunden"

..anderen Stilen/Richtungen/Genres, die nicht in sein eigenes Stil/Genre Vorlieben Schemata passen, gleich die Zugehörigkeit zur Kunstgattung Musik abzusprechen, ist einfach nur daneben und zeugt meiner Meinung nach eher vom eigenen Unverständnis der Definition von Musik.

Es spielt gänzlich überhaupt keine Rolle wer, wie, was oder womit Musik entsteht!
-oder interessiert es vielleicht ob ein Maler sein Kunstobjekt mit zehn oder nur einem Pinsel entstehen lassen hat? eine Badewanne vollzuschmieren hätte sicherlich auch jeder gekonnt, trotzdem bleibt es Kunst...

Dem einem gefällt das Ergebnis des Künstlers dem anderen halt nicht.
Letzenden Endes bleibt es aber dennoch ein Werk aus der Musik.
-Und diese besteht nun mal im Grundgerüst aus Geräuschen.
Egal ob Stimmen und oder anderen Dingen die Klänge erzeugen können und nicht mehr...
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Last edited by ELP; 11-30-2016 at 11:13 AM.
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Old 11-30-2016, 12:03 PM   #5
Kill Bel
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Danke, nette Ergänzung. Wenn Kunst ins Gespräch kommt ...
Als ich Geschichte erwähnte, meinte ich John Cage in New-York, Pierre Schaeffer in Paris, Herbert Eimert in Köln, und später Klaus Schulze in Berlin, usw... überall nette Leute die mit Musik zu tun haben.

Mein Verständniss deutscher Sprache und deutscher Kultur hat seine Grenzen und ich kenne nicht "Ergo" : ist das ein Styl Musik ? und soll das heissen das meine Musik Ergo-musik ist ? Google sagt mir was von Therapie, mir ist es aber nicht klar ...
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Old 11-30-2016, 01:20 PM   #6
Jolu
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Quote:
Originally Posted by ELP View Post
Musik ist nichts anderes als eine Kunst-Richtung, die aber im Gegensatz zu anderen Kunstrichtungen aus Geräuschen aufgebaut wird...
Ja schon, aber eben aus kunstvoll strukturierten "Geräuschen" – ansonsten bleibt sie konturloser nichtssagender "Klanglärm". Das Werk eines Bildhauers erschöpft sich auch nicht in einem Stück Bruchstein, sondern wird erst zum Kunstwerk wenn er aus dem rohen Stein eine ansprechende Skulptur modelliert. Und ob der Maler sein Bild mit einem oder zehn Pinsel malt, interessiert in diesem Kontext überhaupt nicht – es wird auch in diesem Fall erst dann zur Kunst, wenn differenzierte Strukturen darauf zu erkennen sind.

Wenn Grundelemente der Musik wie Dynamik, Melodik, Harmonik und Rhythmik aus der Musik herausgenommen sind – und das ist in der modernen Popmusik bis auf die Rhythmik leider der Normalfall, dann ist es meiner Meinung nach auch keine Musik mehr. Meine Kritik an der Klangwelt von Bernard Reeb bezog sich ausschließlich auf das Album LUX EST, das diese Elemente komplett vermissen lässt. Außerdem verbinde ich Kunst immer noch mit einer meisterhaften Beherrschung des Kunstgegenstandes – was für seine Gitarren-Alben "5 impressions" sowie "Guitare en Couleurs" durchaus zutrifft.
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Old 11-30-2016, 01:25 PM   #7
BJORG
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@Kill Bel: 'Ergo' wurde als lateinisches Wort (Bedeutung: also) verwendet.

Aber ist natürlich ein schöne Vorstellung Ambient und Drone in der Ergotherapie zu verwenden.

Wikipedia: Die Ergotherapie ist eine Therapieform, die sich mit der Ausführung konkreter Betätigungen und deren Auswirkungen auf den Menschen und dessen Umwelt befasst.



On Topic: Ambient und ganz besonders Drone sind sicher an der Toleranzgrenze vieler normaler Musikkonsumenten, aber auch hier gibt es ausgefuchste Sachen, die so einfach nicht hinzukriegen sind. Das Urteil, dass dies keine Musik, sondern nur (Klang)Lärm sei, mag der ein oder andere in seinem Geschmacksuniversum fällen, aber sollche Vorurteile mussten sich wohl auch die frühen Jazzer, die Rock'n'Roller, Beat-Musiker, Punker, Techno-DJs usw. anhören. Ist immer eine Sache des Standpunktes.
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Old 11-30-2016, 02:28 PM   #8
Vollgerd
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Originally Posted by Jolu View Post
,
mit Musik hat das ja absolut nichts zu tun. Diese Art von Sound-Collagen, kann man mit jedem besseren Synthy oder Plugin mittels "Einfingersystem" ohne großen technischen Aufwand herstellen.
Was machen dann die Menschen, die keinen Synthy ihr eigen nennen und sich so was anhören wollen?

Also hat das schon seine Daseinsberechtigung. Abnehmer jeder Art von Musik gibt es immer.
Quote:
Originally Posted by Jolu View Post
Außerdem gibt es im REAPER-Forum die Rubrik "REAPER Music/Collaboration",aufgehoben.
Danke für den Tipp. Die schreiben aber alle englisch.
Quote:
Originally Posted by Jolu View Post
Leider verleitet die heutige moderne Studiotechnik....
Gott sei dank ist die Studiotechnik heute auf diesem Stand. Sonst würde ich heute keine Musik mehr machen. (Ständig in einer Band zu spielen, mit all den Problemen und Kosten, ist nichts für mich)
Quote:
Originally Posted by Jolu View Post
"Klanglärm" – passend vielleicht für das Science-Fiction-Genre.
Ist ja schon fast eine Beleidigung meines Lieblings-Genres (im Filmbereich).

Ich höre mir alles an, was mir angeboten wird. Manches gefällt mir, das meiste aber nicht.
Letztendlich ist alles Geschmacksache. Wichtig ist nicht einmal, ob alles "fehlerfrei" ist.
Wenn etwas schräg klingt, kommt mit Sicherheit ein anderer um die Ecke, der dir genau erklärt, warum das korrekt gespielt ist und damit eine gewisse Spannug erzeugt wird.
Und Geschmacksache ist das, was uns tagtäglich um die Ohren gehauen wird.
Das Ohr gewöhnt sich an alles.


Gruß
Gerd
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Old 11-30-2016, 02:56 PM   #9
ELP
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Jope Bjork.

Wenn die Musik Toleranzgrenze gar heute noch gesprengt wird, welch Schmerzen der Schmach mussten
diverse Künstler dieser Stilrichtungen in Grauer Vorzeit gar erleiden. ^^
Stichwort:
1913 L'arte dei rumori

Nur mal als Beispiel von wegen Eno 1978:

Genialer Dark Drone Ambient^^^
Für mich "Der Vorreiter" dieses Genres schlechthin"
Unglaublich aber wahr erschaffen bereits
1921
Velimir Khlebnikov(1885-1922) - The Radio of The Future

-
1969
Shoreditch: Experimental Music School 1969

--

Heutige sogenannte 1 Finger Kassetten Deck Technik



Für mich ist alles das was Geräusche macht erst einmal Musik...
Obs mir dann gefällt oder nicht ist sicherlich eine andere Geschichte.
Ich würde nie behaupten Rumtata sei keine Musik. Das Volks Genre als solches gehört für mich allerdings, wie diverse andere auch, auf den Verbot Index^^
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Old 11-30-2016, 05:27 PM   #10
VinodXAgent
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Und sonst? alles Ok?
Ich kann nicht klagen! Mein Anwalt ist im Urlaub.
Schalten Sie auch nächste Woche ein, wenn Sie Ms Piggy sagen hören: Neues aus dem Elfenbeinturm.
Grüße aus Hamburg
Muss ich jetzt meine ENO/Fripp Scheiben aus den 70er verbrennen? Hätte ich doch was ordentliches gelernt.Und meine Haare sind auch zu lang. Jolu, würdest Du für mich bürgen, vor dem jüngsten Gericht?
Kleiner Scherz, min Jung
http://www.arte.tv/guide/de/056763-0...angerine-dream

Last edited by VinodXAgent; 11-30-2016 at 05:49 PM.
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Old 11-30-2016, 07:17 PM   #11
Jolu
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Originally Posted by ELP View Post
Für mich ist alles das was Geräusche macht erst einmal Musik...
Da es sehr viele ungeklärte unterschiedliche Musikverständnisse gibt, ist es problematisch, die individuellen Definitionen zu vereinheitlichen. Meine Definition ist unverbrüchlich: Musik ist die Kunst, Töne zu Musik zu gestalten. Das impliziert notwendig, dass die Geräusche/Töne isoliert betrachtet und ohne Zusammenhang definitiv keine Musik darstellen – sie müssen erst durch einen kreativen Akt zu Musik gestaltet werden. Erst wenn die Töne in einen organisierten Zusammenhang zueinander gebracht werden, kann man von Musik als Kunst sprechen.

Wenn also Deiner Meinung nach alles was Geräusche macht Musik ist, dann sind auch keine Musikschulen, keine Komponisten, keine Songwriter oder Musiklehrer mehr nötig – dann genügt die "Einfinger-Technologie" – die allerdings für die Zukunft nur noch Musik-Legastheniker hervorbringen kann, weil ihnen das Wissen um Musik entweder verlorengeht oder von Anfang an gar nicht beigebracht wird - was der Rückgang des Musikunterricht an den Schulen hinreichend beweist. Musik ist ein Handwerk wie jedes andere Handwerk auch, das man lernen muss wenn es ein Kunstwerk werden soll – daran führt trotz Digitaltechnik kein Weg vorbei!
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Old 12-01-2016, 01:47 AM   #12
Kill Bel
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Originally Posted by Jolu View Post
Musik ist die Kunst, Töne zu Musik zu gestalten
Man kann ein Wort nicht mit ihm selbst definieren !!

Quote:
Geräusche/Töne ... müssen erst durch einen kreativen Akt zu Musik gestaltet werden. Erst wenn die Töne in einen organisierten Zusammenhang zueinander gebracht werden, kann man von Musik als Kunst sprechen.
ganz einverstanden, genau so waren Lux Est und Aleatori erschaffen. Genau wie Partituren für klassische Gitarre, ist es Aufbau von Klängen in einem organisierten Zusammenhang.

wenn Du Töne die aus einem "offiziellen Instrument" als etwas besonderes wertvolles schätzt, erkunde Dich bei Pierre Schaeffer der bemerkt hat das das Sustain von eimen Piano genau so klingt wie eine aluminium Scheibe die man mit einem Hammer schlägt. Davon ab, kann man Musik mit solchen "Geraüchen" machen. Ich selbst mag Sie dann ganz genau organisiern um eine Innerliche Spannung zu gründen, aber sowie in den Videos hier oben, kann ich ganz gut annehmen dass dies nicht mal obligatorisch sein muss.

Quote:
keine Musikschulen, keine Komponisten, keine Songwriter oder Musiklehrer mehr nötig
im Bereich Klangmusik gibt es Schulen, Lehrer, Komponisten, vieleicht auch Soungwriter ... ein Gebiet dass Dir vieleicht viel Spass und Freude bringen würde wenn Du es nur wahrnehmen würde.

Vielen Dank für Zuhören von meinen Gitarren (schau auch White Mornings, Calligraphy, ...)

Quote:
Originally Posted by ELP
Wenn die Musik Toleranzgrenze gar heute noch gesprengt wird, welch Schmerzen der Schmach mussten
diverse Künstler dieser Stilrichtungen in Grauer Vorzeit gar erleiden
Mir wird es jeden Tag mehr Angst ! Ich gehe zur Gitarre zurück. Ich frage mich aber ob Pentatonik erlaubt ist
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Old 12-01-2016, 06:16 AM   #13
Vollgerd
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Originally Posted by Kill Bel View Post
Ich gehe zur Gitarre zurück. Ich frage mich aber ob Pentatonik erlaubt ist
Nein ist es nicht.
Das Beispiel Pentatonik wollte ich ja auch schon aufführen.
Wenn ich noch an die Aussagen meiner Eltern denke, als die amerikanische Musik nach Deutschland geschwappt ist.
Und wenn ich dann nur an Jazz denke.
In Indien soll eine Tonleiter/Tonart (Oktave kann man ja nicht sagen) aus 36 Tönen bestehen, hab ich mal gelesen. (Oder waren das noch mehr?)

Was man oft hört, wird auch irgendwann als richtig empfunden.
Daher ist es auch müsig, über Musik zu streiten.

Gruß
Gerd
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Old 12-01-2016, 12:50 PM   #14
Jolu
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Originally Posted by Kill Bel View Post
Man kann ein Wort nicht mit ihm selbst definieren !!
Gemeint ist: Musik als Resultat, ist die Kunst, Töne zu Musik zu gestalten.

Ich betrachte die moderne Entwicklung der Musik etwas vielschichtiger. So wie die Nahrungsmittelindustrie die Menschen mit sanfter Gewalt so erzieht, dass sie nicht mehr richtig schmecken und riechen können, so erzieht die Musikindustrie die Menschen zu einem Musikgeschmack der sich nicht mehr nach ästhetischen, sondern wirtschaftlichen Kriterien orientiert – ganz nach dem Motto der Werbung: "Was man oft hört, wird auch irgendwann als richtig empfunden" – oder wie es Elton John mal ausdrückte: "Was heute als akustische Inflation aus dem Radio kommt ist alles Scheiße", und dabei meinte er den schleichenden Verlust musikalischer Qualität die noch weit unter der Qualität von Kinderliedern rangiert.

Solange Entscheidungen der Rationalität des Geldes gehorchen, wird zwangsläufig auch die Musik als Kunstprodukt negativ ästhetisiert. Folglich werden auch alle andere Obszönitäten der Gesellschaft als bloß ästhetische Gegenstände erscheinen – entweder als Form ohne Inhalt, oder Inhalt als bloße Form. Kulturpessimismus ist schon deshalb angesagt, weil man heute mit den Mitteln der digitalen Studiotechnik nach "Photoshop-Manier" manipulieren kann und so das Musikbusiness in die Nähe skrupelloser Gentechnologen rücken kann. Das "englisch und poppig" tönende hässliche Grundrauschen unserer Zeit, wird sich letztendlich als permanenter Rückbau der musikalischen Bildung offenbaren.

Dennoch: Deine Gitarrenstücke sind wirklich gut, weil musikalisch – Respekt!!! Natürlich gibt es im Bereich Klangmusik sehr ansprechende und gut gemachte Produktionen, doch mit Klangwerken im Stile von Lux Est bin ich schlicht und einfach überfordert.
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Old 12-01-2016, 01:06 PM   #15
juedue
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....über Geschmack lässt sich also immer noch vortrefflich streiten, obwohl es - wie wir wissen - ergebnislos sein wird ;-))
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Old 12-01-2016, 08:50 PM   #16
Jolu
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Originally Posted by juedue View Post
....über Geschmack lässt sich also immer noch vortrefflich streiten, obwohl es - wie wir wissen - ergebnislos sein wird ;-))
Hättest Du etwas früher gepostet, hätte ich mir den ganzen Schreibaufwand sparen können.
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Old 12-02-2016, 11:58 AM   #17
SanguineaProject
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hmmmm...

Musik darf nicht langweilen, sie muss etwas in mir anstoßen, einen Film im Kopf erzeugen. Das heißt: Tallis und Lassus neben Nina Hagen und Mezzoforte. Manuel Göttsching und Triumvirat neben Pinetop Smith und Glen Miller.
Nichts ist sakrosankt: die Brandenburgischen meines ansonsten hoch verehrten J.S. Bach sind öde. Die Feuerwerksmusik muss nicht sein. 10 Minuten Scooter machen Spaß, aber mehr nicht.
Das könnte ich stundenlang fortsetzen - heraus käme ein äußerst individuelles Bild musikalischer Ästhetik, das niemand teilen muss, weil es jeder anders sehen darf (vielleicht sogar: soll).

Ich mag sogar solche musiktheoretisch vielleicht uninteressanten langen Flächen, wenn der Trick nicht in der harmonischen Konstruktion liegt, sondern im Erschaffen und Modulieren eines gesamten Klangbildes. Man kann eine halbe Stunde lang nur A spielen, und daraus die unterschiedlichsten und spannendsten Sachen entwickeln. Persönlich schätze ich "einen Finger", der aber mit verschiedenen Synthesizerflächen und Modulatoren ein Bild erzeugt, sehr.
Haben sich nicht auch Stockhausen, Cage, ... in die Richtung geäußert?

@ Jolu: ich finde Deine letzten beiden Postings sehr gut und würde mich - da ich ja doch wohl eine andere Facette betone - auf Contra freuen :-)
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Gruß,
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Old 12-02-2016, 01:02 PM   #18
VinodXAgent
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Hallo Jolu,
mein Post war ein wenig daneben. Bitte nicht übel nehmen.
Wilhelm Busch hat es wohl treffend auf den Punkt gebracht:
Quote:
Musik wird oft nicht schön gefunden,
weil sie stets mit Geräusch verbunden.
Grüße aus Hamburg
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Old 12-02-2016, 09:58 PM   #19
Jolu
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Originally Posted by SanguineaProject View Post
Musik darf nicht langweilen, sie muss etwas in mir anstoßen, einen Film im Kopf erzeugen.
Das hast Du sehr schön gesagt – und genau das ist der Punkt. Eine Musik die etwas in mir anstoßen soll, die ein Wechselbad der Gefühle erzeugen soll, lässt sich nach meiner Auffassung nur mit den Grundelementen der Musik realisieren. Man weiß zum Beispiel, dass jede gutgemachte Filmmusik ihre faszinierende Wirkung dadurch bezieht, indem sie an allen Registern zieht was moderne Kompositionstechnik hergibt – wobei im Idealfall Bild und Ton miteinander verschmelzen.

Quote:
Originally Posted by SanguineaProject View Post
Persönlich schätze ich "einen Finger", der aber mit verschiedenen Synthesizerflächen und Modulatoren ein Bild erzeugt, sehr.
Damit modulierst Du aber nur das Klangbild. Mit Sound allein kann jedoch keine Musik entstehen. Sorry, wenn ich mich wiederhole: Musik ist die Kunst, in bestimmter Gesetzmäßigkeit hinsichtlich Rhythmus, Melodie, Harmonie eine stilistisch eigenständige Komposition zu kreieren. Diesem Grundprinzip folgte auch Stockhausen und andere Vertreter der Zwölftonmusik.

Mir geht es nicht so sehr um den Geschmack bzw. um das was gefällt oder nicht, sondern ob es sich bei der in der heutigen Popmusik nachweisbaren Reduzierung musikalischer Strukturen um eine kulturelle Degenerierung, oder um eine kulturelle Bereicherung handelt – was natürlich die Fragen aufwirft: Hören intelligentere Menschen tatsächlich per se eher Beethoven oder Radiohead als Beyoncé? Und erzeugen wir laut jüngeren Studien aus England zunehmend Musik-Analphabeten?
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Old 12-02-2016, 10:06 PM   #20
Jolu
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Quote:
Originally Posted by VinodXAgent View Post
mein Post war ein wenig daneben. Bitte nicht übel nehmen.
Kein Problem – bin nicht nachtragend.
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Old 12-02-2016, 11:48 PM   #21
SanguineaProject
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Danke: gibt schon wieder was zum Nachdenken! :-)

Seit ich ähnlich wie Vollgerd von elterlichen Volksmusikhörern aufgeklärt wurde, dass dieser "ganze amerikanische Kram" keine Musik sei, und mir fast zeitgleich ein Musiklehrer erklärte, dass alles außer Wagner keine Musik sei, frage ich mich, was denn Musik ausmacht.

Auf der theoretischen Seite stimme ich Dir zu, Jolu: der Unterschied zwischen Musik und Geräusch ist eine bestimmte Anordnung von Geräuschen nach bestimmten Prinzipien. Dass Leute wie die Zwölftöner, Stockhausen, Cage und auch Davis musiktheoretisch genau wussten, was sie tun, bestreite ich nicht im Geringsten.

Wenn ich mich recht entsinne, war gerade bei den Synth-Pionieren wie TD immer auch ein Thema, ob man die Dreidimensionalität aus Rhythmus, Melodie, Harmonie nicht aufbrechen oder erweitern könne. In Deinem Sinne wäre dann ein typisches sequencerlastiges Stück nicht notwendig Musik. Ich denke gerade an TDs Rubycon ohne die Leads, aber dafür mit Flächen, die zwei, drei monotone Akkorde nur leise andeuten, und der Rest ist der modulierte Sequencer. In Liveversionen haben sie z.B. mit Delays gespielt, so dass der Seq mit wechselnder Rhythmik ins Ohr kommt. Sowas geht aber auch über Modulatoren.

Du kannst jetzt berechtigt wiederholen, damit würde nur das Klangbild verändert. Aus musiktheoretischer Sicht ist dem wohl wirklich nichts entgegenzusetzen.
Allerdings frage ich mich, ob die Definition von Musik nicht zu erweitern wäre?
Gern akzeptiere ich ein Klangbild, dass vielleicht der strengen Definition nicht entspricht, aber mein Hirn und meine Seele anregt - eine rein subjektive Sache also, zugegeben.

Vice versa: der übliche Pop-Schrott dürfte der strengen Definition entsprechen, rührt aber überhaupt nichts an. Ich teile Deinen Kulturpessimismus im übrigen, und nicht nur hinsichtlich der Musik, sondern auch in Sachen Kunst und Literatur. Auch wenn es sich jetzt arrogant anhört: es hat immer Massenprodukte für den schnellen Konsum durch Laien gegeben, und auf der anderen Seite "Avantgarde" für Kenner. Finnegans Wake vs. Arztroman, Davis vs. Bohlen. So sehr ich gefühlsmäßig auf der Seite der Connaisseure stehen möchte, so gibt mir das doch keinen Grund, mich über irgendjemand zu erheben. Darf ich überhaupt kulturpessimistisch sein, oder dokumentiere ich damit eigentlich nur, wie intellektuell/toll/mehrtönig ich im Gegensatz zu allen anderen bin?
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Gruß,
SP

Last edited by SanguineaProject; 12-03-2016 at 06:38 AM.
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Old 12-03-2016, 02:50 AM   #22
juedue
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Wenn ich mich jetzt hinstelle und "Hänschen klein" singe (... so ohne alles),ist das dann Musik?
Und habe ich dann auch die Dreidimensionalität aus Rhythmus, Melodie, Harmonie aufgebrochen, weil zumindest die Harmonie fehlt?
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Old 12-03-2016, 03:12 AM   #23
haervo
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Lange nichts mehr geschrieben hier... aber aus gegebenem Anlass jetzt doch.

"Musik ist eine von einem Kompositeur willentlich in eine bestimmte Ordnung gebrachte Abfolge von Klängen." Karlheinz Stockhausen in einem Radio-Interview Mitte/Ende der 70er. Aus dem Gedächtnis zitiert, daher eventuell nicht exakt wörtlich.

Diese Definition von Musik erschien mir, als ich das hörte, als die allumfassendste, richtige, weil sie auf alle Arten von Musik zutrifft.

Ich denke, dass der logische Fehler, den Jolu macht, der ist, dass er von seinem eigenen Empfinden ausgeht und von da aus versucht, eine Definition von Musik zu finden, die widerspruchslos mit seinem Gefühl in Einklang zu bringen ist. Das kann nicht funktionieren.

Kunst kommt nämlich nicht von "Können" sondern von künstlich, artifiziell, menschengemacht, nicht in der Natur von sich aus vorkommend.

Seine Definiton von Musik (Ein Musiker muss das gelernt haben (Was heisst das? Studium mit Zertifikat oder können auch Autodidakten als Musiker gelten?), es gehört ein bestimmtes Mass an Können dazu (Erzeugt eine 1-Finger-Begleitautomatik keine Musik? Erzähl das jemand den Alleinunterhaltern.), es muss eine bestimmte Schöpfungshöhe vorhanden sein (Wer bestimmt das nötige Ausmass der Schöpfungshöhe?), es müssen Töne (Was ist das? Defintion bitte.) führt dazu, dass man unter bestimmten Umständen die Beatles, die Stones, Bowie, Led Zeppelin, Stockhausen, Ligeti, Menschen, die vor 10.000 Jahren Musik gemacht haben usw. usw alle als nicht-wirklich-Musik-Machende bezeichnen könnte.

Das Ergebnis ist, was zählt. Das ergebnis ist offensichtlich Musik, wobei mir Lux Est hervorragend gefällt und alles andere ist, als 1-Finger-Begleitautomatik. Hätte man erkennen können, wenn man sich das die Stücke länger als 10 Sekunden angehört hätte.

Die o.a. Defintion von Musik heisst natürlich nicht, dass einem alles, was der Defintion entspricht, auch gefallen muss. Beileibe nicht. Manchmal breche in Begeisterung aus beim Hören von Suzie Q (CCR) oder Whatever You Want (Status Quo & Scooter), manchmal bei Zappa, imme bei den Beatles, und sehr oft bei Eno, Fripp oder auch Stockhausen. Kommt auf die Tagesform an.

Würde ich Musik so definieren wie Jolu es fälschlicherweise tut, hätte ich jedesmal, wenn ich Musik höre, ein Legitimationsproblem. Ich müsste überprüfen, ob das, was mir gefällt, überhaupt Musik ist und müsste demnach die Hälfte meine Musiksammlung wegwerfen. Tu ich aber nicht. Schäffer und Taylor Swift, Cage und Eminem, Glass und Helene Fische (Ja, genau die. Irgendjemand eine Problem damit? :-) ), Metallica und die Höhner, Muddy Waters, Robert Johnson, Rammstein und Heino (Ein lautes Stöhnen geht durch die Menge... :-) ) usw usw usw, you get the picture, das ist alles Musik. Und erst recht ist das, was Kill Bel macht Musik. Weil es einer Defintion von Musik entprciht, die handhabbar ist. Jede andere - besonders die elitären - Definitionen von Musik sich faltisch falsch, weil sie nichts klären, sondern subjektiven Geschmack zu untermauern versuchen.

Die zweite grosse Erkenntnis, was alles Musik, gute Musik, ist, hatte ich vor über 10 Jahren (Hallo, SanguineaProject! :-) ), als in einem Forum jemand ein Musikstück vorstellte, das er erzeugt hatte, indem er seinen Papagei über eine MIDI-Tastatur laufen gelassen hat. Er hat das aufgenommen und mit Hilfe von ein paar VSTis instrumentiert. Die beiden dabei entstandenen Stücke sind absolut phantastische, spannende, farbenreiche Werke: Musik. Ich habe das heute noch auf meiner Festplatte.

So, wo ist da das "willentliche Element" des Komponierens? Das ist exakt da, wo der (menschliche) Kompositeur sich dazu entschieden hat, seinen Papagei als ausführenden Musiker einzusetzen. Hat der Papagei exakt ein Werk ausgeführt? Nein, tun Musiker bei Stockhausen auch nicht. Da steht in einer Partutur dann: Such Dir irgendeinen Zettel aus und spiele unf´gefähr das, was drauf steht. Eno schickt Leute aus dem Studio, sie sollen sich ein Solo für ein Stück ausdenken, das sie gar nicht kennen. Er weist sie an, etwas "gelbes" zu konstruieren. Der Papageien-Dompteur oder Eno oder Stockhausen sind also keine Musiker?

Und damit komme ich zu dem Schluss, dass obige Definition von Musik deswegen richtig ist, weil sie alles einschliesst, was ja faktisch am Ende auch als Musik hörbar ist. Wogegen Jolus Defintion das eben nicht tut. Und die faktische Existenz oder Daseinsberechtigung von Musik in Frage stellt. Was so nicht geht, da die reine Existenz entprechender Musik schon dagegen spricht.

Bewertung von Musik und vor Allem geschmackliche Bewertung darf und kann nicht die Grundlage für Definitonen sein. Man stelle sich das in der Mathematik vor: Ein Mathematiker versucht, irgendetwas zu definieren, mag aber die Zahlen 3 und 5 überhaupt nicht, versucht also eine Definiton zusammenzustoppeln, die genau diese Zahlen vermeidet. Das wird ja richtig gut klappen! :-))

(Falls jemand an den Papageien-Kompositionen interessiert ist, fragt hier im Forum. Die autorisierte Person wird sich dazu äussern. :-)) )
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Old 12-03-2016, 03:15 AM   #24
haervo
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Hab noch was vergessen:

Wir müssen uns davor hüten, unser westliches, klassisches Verständnis von Musik schlicht zur Grundlage von allem Verstehen zu machen. Wir würden damit alle afrikanische, östliche und uralte Musik und Volksmusik aus aller Welt ausschlissen. Das wäre ekelhaft arrogant und dumm und widerlich.

Also: Geschmack hat nichts mit der Sache an sich zu tun. Immer gut aufpassen, ob man nicht auf seine eigenen Beschränkheiten vielleicht reinfällt.
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Old 12-03-2016, 03:18 AM   #25
haervo
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Originally Posted by juedue View Post
Wenn ich mich jetzt hinstelle und "Hänschen klein" singe (... so ohne alles),ist das dann Musik?
Und habe ich dann auch die Dreidimensionalität aus Rhythmus, Melodie, Harmonie aufgebrochen, weil zumindest die Harmonie fehlt?
Natürlich ist das Musik. Was sollte es sonst sein? Willentlich in eine Ordnung gebrachte Klänge sind Musik.

Ob das jemandem gefällt ist doch ein völlig anderes Thema.
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Old 12-03-2016, 03:48 AM   #26
Kill Bel
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Vielen Dank haervo, ich fragte mich ob mit diesem Gespräch überhaupt jemand mein Musik gehört hat (ausgenommen meine Gitarren für Julo)

Danke an Alle für dieses Gespräch.

Das Konzept ist ganz einfach : je freier man ist, je mehr gibt es Gelegenheiten Spass an Musik zu haben.
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Old 12-03-2016, 06:55 AM   #27
SanguineaProject
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@ Kill Bell: doch, ich habe Deine Musik (!) gehört. Mit aleatorischer Musik konnte ich noch nie etwas anfangen, das ist für mich eher Psychoakustik, aber Lux Est gefällt mir sehr gut.

Mein erster Gedanke - auch beim jetzt vierten Hören ist - "da gehört doch noch ein Sequencer drunter". Mein zweiter Gedanke ist: "nein, eben nicht, der wäre zu viel". Ich glaube, dass die drei Stücke komplett und vollständig sind, so wie sie sind.

Und wenn ich Musiktheorie drauf anwende: ich kann Rhythmik entdecken, ein Taktmaß, Akkorde und -Progression, und ebenso Dynamik. Das Ganze scheint auch sehr bewusst und absichtlich so gemacht zu sein. :-)
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Gruß,
SP
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Old 12-03-2016, 08:06 AM   #28
Vollgerd
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Originally Posted by Kill Bel View Post
Vielen Dank haervo, ich fragte mich ob mit diesem Gespräch überhaupt jemand mein Musik gehört hat (ausgenommen meine Gitarren für Julo)
Klar hab ich mir deine Musik angehört. (Wahrscheinlich hat sich das jeder Diskusssionsteilnehmer angehört.)

Ich muss die Qualität der Musik ja aber nicht kommentieren.
Ich könnte nur sagen, mir gefällt es, oder mir gefällt es nicht.
Da mein Geschmack aber subjektiv ist, interessiert es wohl auch niemanden, ob es mir gefällt, oder nicht.

Ob deine Musik musikalisch perfekt oder richtig ist, beurteile ich nicht, weil ich zunächst Musik nur höre und nicht analysiere. Die Arbeit der Analyse mache ich mir nur, wenn ich etwas interessant finde und nachvollziehen will, wie das funktioniert.

Nichtmusiker gehen da genau so vor. Anhören, beurteilen gefällt, oder gefällt nicht, fertig.

Wenn Du ein Nachweis willst, ob deine Musik gut ist, ist das für dich ganz einfach festzustellen.

Du scheinst das ja überall zu bewerben. Wenn ich das richtig sehe, kann man sich einen Titel für 3 Euro oder mehr runterladen.
Wenn Du damit ein paar Tausend Euro verdienst, dann ist es richtig gut.
Wenn Du nur 3 Euro verdienst, dann hast Du zumindest einen Fan.

So einfach ist die Sache mit der Musik.

Gruß
Gerd
Ach ja, wenn jemand Hänschen klein singt, dann macht er Musik.
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Old 12-03-2016, 10:24 AM   #29
Kill Bel
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Originally Posted by Vollgerd View Post
Du scheinst das ja überall zu bewerben.
Überall ? Nein ! Auf den zwei französichen Foren wo man meine "Werbung" sehen kann, heisse ich dass eher ein "partage entre amis". Ich bin diesmal hier gelandet weil viele deutsche Zuhörer auf meinem Bandcamp runterladen. Wenn ich so was lese, und die Meinung von Jolu dass ich "mainstream" wäre, wird es mir ganz komisch in meiner kleinen Höhle.

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Originally Posted by Vollgerd View Post
Wenn ich das richtig sehe, kann man sich einen Titel für 3 Euro oder mehr runterladen.
Nochmal nein : alle meine Musik ist für 0 euro runterzuladen :
https://espaces-sonores.bandcamp.com/
(arghhh immer diese Werbung !)
Ist Werbung für ein gratis-Produkt noch Werbung ??
(Aleatori war eine Nachfrage von eimen Net-label, nicht erhaltbar auf MEINEM Bandcamp ... 3 euro nicht für EIN Titel, aber für das ganze Album)

PS : Ich überlege mir gerade ob ich meine Ferrari in rot oder in gelb bestelle.

@ SanguineaProjekt : ganz genau ! manchmal muss man ALLE Finger davon lassen

Danke für Zuhören !

Last edited by Kill Bel; 12-03-2016 at 10:30 AM.
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Old 12-03-2016, 11:52 AM   #30
haervo
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Originally Posted by Kill Bel View Post

PS : Ich überlege mir gerade ob ich meine Ferrari in rot oder in gelb bestelle.
In rot. Ferraris sind immer rot. Deswegen heisst die Farbe ja auch Ferrari-Rot.

Gelbe Ferraris... tststs, das ist noch nicht einmal Geschmackssache, das ist eine Sünde. :-)
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Old 12-03-2016, 01:07 PM   #31
Kill Bel
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also gut : die wird rot sein !
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Old 12-03-2016, 02:39 PM   #32
Jolu
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Originally Posted by haervo View Post
"Wer bestimmt das nötige Ausmass der Schöpfungshöhe?"
Es gibt Menschen, die erfassen und beurteilen Musik mehr rational und welche mehr emotional – im Idealfall beides. Ein versierter Jazzmusiker oder ein Purist der Klassik werden sich bei Popmusik nicht sonderlich wohlfühlen. Ihre "Schöpfungshöhe" ergibt sich in der Regel aus dem Grad ihrer musikalischen Bildung plus ihrem individuellen Talent.

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Originally Posted by haervo View Post
"Musik ist eine von einem Kompositeur willentlich in eine bestimmte Ordnung gebrachte Abfolge von Klängen"
Stimmt! Habe auch nie etwas anderes behauptet. Nur solltest Du Dich fragen, warum Stockhausens "Abfolge von Klängen" sich gegen die Hörgewohnheiten der Menschen nicht durchsetzen konnte – wahrscheinlich aus denselben Gründen wie sich bei mir Lux Est nicht durchsetzen konnte. Und ich sage Dir auch warum.

Die sogenannte moderne Popmusik – die Rede ist vom Mainstream – ist ein langweiliges, ödes, uninteressantes Trauerspiel ohne Visionen und Ideen. Musikalische Schablonen und Einfallslosigkeit sind die vorherrschenden Kategorien. Sie taugen allemal als Gefängnis, als obsolet gewordener ästhetischer Rahmen, innerhalb dessen scheinbar keine Entwicklung mehr stattfinden kann. Nicht das musikalisch Anspruchsvolle und Interessante wird so verpackt, präsentiert und organisiert, dass es verständlich wird, sondern die Banalität und Trivialität wird verwaltet. Diese Einschätzung hat nichts mit Geschmack oder subjektiven Vorlieben zu tun, sondern ist inzwischen wissenschaftliche Erkenntnis.

Nicht zum ersten Mal wird die Kritik laut, dass die kommerziell erfolgreiche populäre Musik von heute den Chartstürmern von vor fünfzig Jahren qualitativ hinterherhinkt. Heute finden sich in den Songs weitaus weniger Variationen, was Harmonien, Tempo, Lautstärke und Gesang betrifft als noch einige Dekaden zuvor. Auch was die Tonarten angeht, wird heutzutage gerne ignoriert, während der Lautstärkepegel stattdessen werbewirksam in die Höhe geschraubt wird. Das meiste ist einfach nur billiger Aufguss – antimusikalisch und stümperhaft aufbereitet.

Offenbar traut man den Leuten nicht mehr zu, sich mit Musik auseinanderzusetzen, die sich außerhalb von industriell vorgefertigten Strukturen und Mustern bewegt. Popmusik ist Konvention, ist Limitierung, ist das Gegenteil von Freiheit. Genau darauf bezog sich meine Kritik. Die Klangwelt von Lux Est und die meisten anderen Musik-Genres, stellen den unbewusst verzweifelten Versuch dar, aus dieser Limitierung auszubrechen und landen zwangsläufig wieder in denselben vorgefertigten Strukturen und Schablonen.

Die mikroelektronische Revolution hat zwar der Form nach auf der technischen Ebene enorme Verbesserungen gebracht, doch inhaltlich hat sie die Popmusik zu einer sinnentleerten Massenware degradiert. Dabei könnte man doch meinen, dass die sensationelle Möglichkeiten der digitalen Musikproduktion (REAPER) auch einen innovativen Kreativitätschub hervorbringen müsste. Der blieb jedoch definitiv aus. Das kann auch nicht anders sein in einer warenproduzierenden Welt, in der "alles" der kommerziellen Verwertung untergeordnet ist, da nimmt logischerweise neben dem Mensch auch die Musik Warencharakter an und wird von warenförmig domestizierten Subjekten konsumiert.
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Old 12-04-2016, 03:04 AM   #33
haervo
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Originally Posted by Jolu View Post
Es gibt Menschen, die erfassen und beurteilen Musik mehr rational und welche mehr emotional – im Idealfall beides. Ein versierter Jazzmusiker oder ein Purist der Klassik werden sich bei Popmusik nicht sonderlich wohlfühlen. Ihre "Schöpfungshöhe" ergibt sich in der Regel aus dem Grad ihrer musikalischen Bildung plus ihrem individuellen Talent.
Ein Werk hat eine Schöpfungshöhe - völlig wertfrei. Ein Musiker hat keine "Schöpfungshöhe". Schöpfungshöhe ist kein Begriff,d er ein Werk bewertet. Nach deinem Verständnis ist die komplette Blues-Musik keine Musik. Die Musiker waren ursprünglich meist Analphabeten, hatten keinerlei Ausbildung - wie die Beatles übrigens auch - und rutschten auf schlecht gestimmten Gitarren ein bischen mit einem abgeschnittenen Flaschhals herum und benutzten irgendein Repertoire an "Tönen" das nichts mit unseren wunderbaren "richtigen" Tonleitern zu tun hatte.

Ich kann deinen Haltung sehr gut nachvollziehen, manchmal - wenn ich das Radio einschalte - lasse ich genau das gleiche Geschimpfe los. Meistens.

Nur: das ist alles keine Definition mit der man arbeiten könnte. Das ist subjektives Empfinden. Wir leben zwar angeblich in postfaktischen Zeiten, aber spontanes, subjektives Empfinden ersetzt einfach keine klaren Definitionen und Begriffsverwendung. Sonst bewegen wir uns schlagartig auf dem intellektuellen der NSDAfD u.ä.

Und das möchten wir nicht.


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Originally Posted by Jolu View Post
Stimmt! Habe auch nie etwas anderes behauptet. Nur solltest Du Dich fragen, warum Stockhausens "Abfolge von Klängen" sich gegen die Hörgewohnheiten der Menschen nicht durchsetzen konnte – wahrscheinlich aus denselben Gründen wie sich bei mir Lux Est nicht durchsetzen konnte. Und ich sage Dir auch warum.
Die Stockhausen-Definition, was Musik ist, ist eine allgemeingültige, wie alle Definitionen und hat absolut nichts mit seinem "Erfolg" oder Misserfolg zu tun.

Ausserdem scheint er ja so erfolglos nicht gewesen zu sein, sonst würde er nicht in jedem Thread zu ähnlich gelageterten Themen wie hier auftauchen und ständig von anderen Musikern als Einfluss zitiert werden.
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Originally Posted by Jolu View Post
Die sogenannte moderne Popmusik – die Rede ist vom Mainstream – ist ein langweiliges, ödes, uninteressantes Trauerspiel ohne Visionen und Ideen. Musikalische Schablonen und Einfallslosigkeit sind die vorherrschenden Kategorien. Sie taugen allemal als Gefängnis, als obsolet gewordener ästhetischer Rahmen, innerhalb dessen scheinbar keine Entwicklung mehr stattfinden kann. Nicht das musikalisch Anspruchsvolle und Interessante wird so verpackt, präsentiert und organisiert, dass es verständlich wird, sondern die Banalität und Trivialität wird verwaltet. Diese Einschätzung hat nichts mit Geschmack oder subjektiven Vorlieben zu tun, sondern ist inzwischen wissenschaftliche Erkenntnis.
Ich stimme dir völlig zu.

Mit einer Einschränkung: Du beziehst dich lediglich auf den Mainstream. Der ist aber nicht "alle Musik", sondern nur eine ganz kleiner Ausschnitt aus unserem Kulturkreis. Es gibt aber noch ganz viele andere Kulturkreise und soziokulturelle Zusammenhäge. Es ist ein bischen arrogant, Musik definieren zu wollen um ein Bewertungssystem einzuführen und dabei alles ausser dem, was wir so kennen, aussen vor zu lassen.

Was ist mit der ganzen Musik - schätzungsweise 95% - die nicht zum Pop-Mainstream gehört?

Also das funktioniert alles nicht, wenn man einfach Beispiele aus einem ganz kleinen Bereich in den Mittelpunkt dieser Diskussion stellt. Allgemeingültigkeit ergibt sich nie aus Beispielen, das ist sozusagen gegenteilig.

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Originally Posted by Jolu View Post

Nicht zum ersten Mal wird die Kritik laut, dass die kommerziell erfolgreiche populäre Musik von heute den Chartstürmern von vor fünfzig Jahren qualitativ hinterherhinkt. Heute finden sich in den Songs weitaus weniger Variationen, was Harmonien, Tempo, Lautstärke und Gesang betrifft als noch einige Dekaden zuvor. Auch was die Tonarten angeht, wird heutzutage gerne ignoriert, während der Lautstärkepegel stattdessen werbewirksam in die Höhe geschraubt wird. Das meiste ist einfach nur billiger Aufguss – antimusikalisch und stümperhaft aufbereitet.
Das stimmt so in keinster Weise. Und du kannst nicht ernsthaft das Werk von Kill Bel kritisieren, indem du irgendwelche unbewiesenen (oder meines Wissens nach falschen) Horror-Behauptungen aufstellst, die sich auf völlig andere Werke und ein völlig anderes Genre beziehen. Das ist auch Populisten-Style.

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Originally Posted by Jolu View Post
Offenbar traut man den Leuten nicht mehr zu, sich mit Musik auseinanderzusetzen, die sich außerhalb von industriell vorgefertigten Strukturen und Mustern bewegt. Popmusik ist Konvention, ist Limitierung, ist das Gegenteil von Freiheit. Genau darauf bezog sich meine Kritik. Die Klangwelt von Lux Est und die meisten anderen Musik-Genres, stellen den unbewusst verzweifelten Versuch dar, aus dieser Limitierung auszubrechen und landen zwangsläufig wieder in denselben vorgefertigten Strukturen und Schablonen.
Der Versuch ist weder verzweifelt noch unbewusst. Wie kommst du denn dadrauf? Kill Bel hat sich exakte Gedanken gemacht und in einem längeren bewussten Denkprozess dazu entschieden, Lux Est genau so zu machen, wie er es gemacht hat. Du stellst eine unbewiesene Behauptung auf und ziehst dann daraus Schlüsse. Das ist unlogisch und schlicht falsch. Das ist Pseudo-Argumentation mit Nebelkerzen. Findet man bei Politikern andauernd.

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Originally Posted by Jolu View Post

Die mikroelektronische Revolution hat zwar der Form nach auf der technischen Ebene enorme Verbesserungen gebracht, doch inhaltlich hat sie die Popmusik zu einer sinnentleerten Massenware degradiert. Dabei könnte man doch meinen, dass die sensationelle Möglichkeiten der digitalen Musikproduktion (REAPER) auch einen innovativen Kreativitätschub hervorbringen müsste. Der blieb jedoch definitiv aus. Das kann auch nicht anders sein in einer warenproduzierenden Welt, in der "alles" der kommerziellen Verwertung untergeordnet ist, da nimmt logischerweise neben dem Mensch auch die Musik Warencharakter an und wird von warenförmig domestizierten Subjekten konsumiert.
Ja. Jeder kann jetzt Musik machen. Und der Prozentsatz an Schrott ist aber trotzdem konstant geblieben. Gegenüber allen Zeiten und Epochen und Kulturkreisen.

Wenn dir irgenwelche Musik nicht passt, ist das völlig OK. Du versuchst aber aus deiner subjektiven Abneigung eine generelle Erkenntnis zu ziehen. Das funktioniert nicht.
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Old 12-04-2016, 06:48 AM   #34
SanguineaProject
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Leute, ich bitte Euch...!

Mit Vorwürfen kommen wir doch nicht weiter, und mit Politisierung ert recht nicht.

Kann es sein, dass wir gerade Qualitätskriterien mit der Definiton des Begriffs "Musik" vermischen?

Mit "Abfolge von Klängen" kann ich sehr gut leben, da sie ein sehr breites Spektrum zulässt - also auch eine "Symphonie für vier Schneebesen und einen Presslufthammer", wie sie einem Stockhausen oder Cage einfallen könnte. Ich nehme auch noch die "absichtliche Konstruktion" mit dazu, obwohl es dann bei Improvisationen schon sehr eng wird.

In der weiten Definition kann ich trotzdem sagen, dass das Geraschel von Blättern keine Musik ist, wohl aber eine Symphonie. Und ein Kanonenschuss kann dann Teil von Musik sein, wenn er absichtlich in der Partitur steht.
In diesem Sinne wäre auch eine monochordale Fläche, in der Spannungsbögen nicht durch Harmonien oder Akkordprogressionen erzeugt werden, sondern in denen Modulatoren absichtlich eingesetzt werden, Musik.


Alles andere wäre dann ein ästhetisches Urteil. Ich schließe mich Eeuren pessimistischen Diagnosen völlig an, denke aber, dass die Definition dessen, was Musik ausmacht, von Geschmacksurteilen getrennt werden sollte.
Modern Talking ist langeweiliger Kram, aber trotzdem Musik.
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Gruß,
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Old 12-04-2016, 08:25 AM   #35
BJORG
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Finde auch, dass der Bogen etwas überspannt wird. Wie Jolu von der ursprünglichen Kritik an dem Drone Stück, dass es nur Lärm sei zu einer Gleichsetzung mit Pop/Chart/Radio(head)Musik bzw. zur kommt ist für mich wirklich etwas an den Haaren herbeigezogen. Viel mehr 'Nicht-Meanstream' als Drone kann ich mir selbst in Zeiten in denen ein paar hundert verkaufte Einheiten reichen, um in irgendwelche Charts zu kommen, kaum vorstellen. Die musiktheoretische Betrachtung empfinde ich auch als müßig. Die ist wahrscheinlich fast genauso dehnbar wie persönlicher Musikgeschmack.
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Old 12-04-2016, 01:32 PM   #36
Jolu
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Originally Posted by SanguineaProject View Post
Alles andere wäre dann ein ästhetisches Urteil.
Doch die Ästhetik des Hässlichen erweist sich als ein grundlegendes Attribut unserer kommerzialisierten Zeit. Wenn Musik nicht mehr daraufhin kritisiert wird, sondern sich vielmehr auf die Ästhetisierung der Klangwelt eines Furzes oder auf das "Geraschel von Blättern" beschränkt, dann können auch monotone Dauerton-Attacken wie Lux Est oder Deathmetal und Ähnliches als bloß Ästhetisch erscheinen – und nicht als ein konkretes schizophrenes Wahrnehmungsproblem.
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Old 12-05-2016, 10:47 AM   #37
SanguineaProject
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Hallo Jolu: Widerspruch!

Gerade vor dem Hintergrund öder 1-5-7 Dauerberieselung (kriegt Ihr eigentlich auch Brechanfälle, was heute so als "RnB" verkauft wird?) und der ewig gleichen 10 Akkordprogressionen finde ich es immer wieder spannend, wenn mit zwei, drei sich in der Fläche kaum merklich verwischenden Akkorden Phaser langsamer/schneller laufen, ein Delay rechts auf einmal in Dritteln reinrauscht, und so fort.

Du zielst auf ein mehrängigies Menü feinster Küche ab, ich sehe einem vor sich simmernden Eintopf zu, bei ab und an mal ein Stück Möhre, Kartoffel, Sellerie... auftaucht. Trifft es dieses Bild ansatzweise?
Trotzdem ist beides Essen.

Wenn ich Dir folge, würde die Definition dessen, was Musik ist, notwendig (auch) auf ästhetischen Urteilen fußen. Richtig verstanden? Und was dann nicht in mein ästhetisches Beuteschema passt, wäre keine Musik mehr?
Die Ästhetik - des Guten, Schönen, Wahren ... Hässlichen - kann natürlich ein Argument der Musikkritik sein, aber wohl nicht Definiens von "Musik"?

Rede ich an Euch vorbei, nochmals die Bitte um Richtigstellung und Contra. :-)
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Gruß,
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Old 12-05-2016, 10:09 PM   #38
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Originally Posted by SanguineaProject View Post
Du zielst auf ein mehrängigies Menü feinster Küche ab, ich sehe einem vor sich simmernden Eintopf zu...Trotzdem ist beides Essen.
Warum sollte man sich mit einem einfachen Essen zufriedengeben in einer Zeit, die noch nie dagewesene revolutionäre Möglichkeiten zur Verfügung stellt? Wenn Musik Kunst sein soll, dann muss sie selbstverständlich ästhetisch reflektieren – und das kann ein Fünf-Sterne-Menü allemal besser als der gegenwärtige Einheitsbrei – außer man begibt sich auf die Ebene von Kulturbanausen und verleiht dem "Hässlichen" die Aura der Ästhetik.

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Originally Posted by SanguineaProject View Post
Wenn ich Dir folge, würde die Definition dessen, was Musik ist, notwendig (auch) auf ästhetischen Urteilen fußen. Richtig verstanden?
Das hast Du richtig verstanden! So sehe ich das.

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Originally Posted by SanguineaProject View Post
Und was dann nicht in mein ästhetisches Beuteschema passt, wäre keine Musik mehr?
Das kommt darauf an wie viel Dein "Beuteschema" noch Ästhetik repräsentiert. Die Ästhetik folgt ja allgemeingültigen Gesetzen. Wenn man diese nicht anwenden will oder kann, sondern vielmehr das Hässliche und Zerstörerische favorisiert, dann liegt wohl ein ernsthaftes Defizit musikalischer Bildung bzw. Erziehung durch Elternhaus und Schule vor.

Gruß
Jolu
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Old 12-06-2016, 05:51 AM   #39
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Originally Posted by Jolu View Post
....Ebene von Kulturbanausen
.... dann liegt wohl ein ernsthaftes Defizit musikalischer Bildung bzw. Erziehung durch Elternhaus und Schule vor.
Liebe Freunde,
in der Medizin sagt man: Wer heilt, hat recht.
Und um nochmals Wilhelm Busch zu zitieren: "Was beliebt, ist auch erlaubt"

Mit Äußerungen wie "Bevorzugung vom hässlichen" (Schönheit liegt im Auge des Betrachters. In diesem Fall im Ohr des Zuhörers).

Oder schätzungsweise ca. 90% der Musikkonsumenten, als Kulturbanausen zu bezeichnen, oder ihnen musikalische Defizite zu unterstellen, oder gar eine falsche Erziehung durch Schule und Eltern vorzuhalten, halte ich schlicht für eine Beleidigung derer, die eure Musik kaufen sollen.

Man kann ja philosophieren so lange und so viel wie man will, aber andere (auch wenn sie hier nicht mitlesen) zu beleidigen, halte ich für unpassend.

Musiker, Produzenten und alle die mit Musik Geld verdienen, sind auf den aktuellen Geschmack der Konsumenten angewiesen und sollten diese nicht beleidigen.

Wer mit Musik kein Geld verdienen will, oder muss (so wie ich) kann musikalisch tun und lassen was er will.
Aber nicht die anderen beleidigen und als Idioten darstellen, weil sie einfach zu dumm sind weil sie die Musik, die man selbst macht nicht verstehen.

Gruß
Gerd
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Old 12-06-2016, 11:01 AM   #40
SanguineaProject
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...ich trete nochmal nach:

Wenn die Essensmetapher stimmt: ich mag einen deftigen Eintopf, weil mich immer nur haute cuisine langweilt. Und ich mag haute cuisine, weil mich immer nur Eintopf langweilt. Abwechslung macht Freude - und ich traue es mir zu, eine Kartoffelsuppe auf Sterne-Niveau zuzubereiten :-).

Hinsichtlich der Ästhetik bin ich nicht der Meinung, dass sie allgemeinen Gesetzen folgt. Sicher gibt es so etwas wie den goldenen Schnitt, und es gibt Akkordfolgen, die sich einfach "gut" anhören. Aber "Aisthäsis" ist zuerst einmal nur die Wahrnehmung, und von ihr wussten schon die Alten, dass sie individuell sehr verschieden sein kann. Nicht alle mögen dasselbe.
Daher kann ich (als erklärter Skeptiker) recht wenig mit überzeitlichen oder allgemeingültigen Prinzipen anfangen, die letztlich auf individuellen Wahrnehmungen beruhen.

Wie soll ich z.B. Wagners Ring beurteilen? Musiktheoretisch und kompositorisch unbestritten revolutionär (für die damalige Zeit eine "neue" Ästhethik?), aber es macht keinen Spaß, ihn zu hören. Langatmig, daher langweilig, zu laut, zu indezent, und so fort.
Verstoß gegen die Ästhetik (wie auch z.B. das Aufkommen polyphoner Musik ein Verstoß gegen die vorher gültige Ästhetik war), ein Leckerstück für den analytischen Hörer, aber schauerlich anzuhören?

Pachelbels berüchtigter Kanon in D, Bachs BWV 147 Jesus bleibet meine Freude ... theoretisch nun nicht die Knaller, aber für mich echte "Evergreens".

Wie also "richtig" urteilen?

Jolu, kannst Du die von Dir in die Diskussion gebrachten allgemeinen Gesetze der Ästhetik benennen? Ich bekenne mich gern als Banause, sie nicht zu kennen. Und das ist jetzt keine Ironie, ich kann nur lernen.
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Gruß,
SP
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